Geschichtliches zum Labyrinth
Einen umfassenden und ausgezeichneten Überblick über die Geschichte des Labyrinths hat Hermann Kern verfasst; wir empfehlen allen die Lektüre dieses Standardwerks.
Die Geschichte des Labyrinths als Lebenssymbol
Von Rosmarie Schmid
Das Labyrinth gehört zu den kulturellen Urschätzen der Menschen. Es ist ein einfaches Symbol für die komplexen Gegensätze der Lebensordnungen. Im Gegensatz zur Spiralform kommt die labyrinthische Struktur in der Natur nicht vor. Das Labyrinth ist eine Schöpfung der Menschen. Bereits in prähistorischer Zeit haben sie für den Kreislauf von Werden, Vergehen und Neuwerden dieses gleichnishafte Ursymbol geschaffen. Die Labyrinthform bezeugt, dass die Menschen die Gesetze ihres Daseins erkannt und akzeptiert haben.
Hermann Kern sieht den Ursprung des Labyrinthes im Tanz. Damit sich die Lebenskräfte auf der Erde erhalten können, müssen sie in Bewegung bleiben und sich ständig erneuern. Dazu bedarf es wechselseitiger Entsprechungen, gegensätzlicher Impulse. Beispiele hierfür sind ein- und ausatmen, geboren werden und sterben, vergehen und neu werden, jung und alt, lachen und weinen, sichtbar und unsichtbar, Arbeit und Ruhe, Tag und Nacht, Frau und Mann, Leben und Tod. Diese Tatsachen sind die verschiedenen Seiten derselben Wirklichkeit. Die moderne Naturwissenschaft stellt sie heute in komplexen Modellen und Formen dar; sie wurden früher als Urerfahrung in Ritualen tänzerisch umgesetzt.
Am Anfang des Labyrinths steht die Pendelbewegung des Hin und Zurück, die Spannung zwischen Gehen, Stehen und Werden. Die fortwährende Bewegung ergibt den Weg hinein und wieder hinaus und versinnbildlicht die grundlegenden Lebensgesetze. Die Menschen haben sie vor vielen tausend Jahren körperlich erfahren und Schritt für Schritt in ihren Ritualen wiedergegeben. Diese Erfahrung initiierte die Labyrinthform (Abbildung 1).
Abbildung 1: Die Urform des Labyrinths
Die Geschichte des Labyrinths als Symbol ist Teil der Menschheitsgeschichte und spiegelt ihre Umbrüche wider. Im Verlaufe von fünf Jahrtausenden wurde das Labyrinth in den unterschiedlichen Kulturen immer wieder anders gedeutet und gebraucht. Es erscheint auf Felszeichnungen der Alten und Neuen Welt, auf Silbermünzen aus Kreta, auf etruskischen Krügen und römischen Mosaikböden, als Kirchenlabyrinth in Frankreich und Italien, als Rasenlabyrinth in England und als Steinlabyrinth in Skandinavien und Russland. Verschiedene Gebrauchsformen des Labyrinths finden sich ebenso in den Kulturen Indiens, Afghanistans und Indonesiens.
Die ältesten Funde von Labyrinthen stellen in Felsen gehauene Rillen dar. Das bis heute mutmasslich älteste Labyrinth befindet sich in Sardinien. Es zeigt eine Struktur mit sieben Umgängen und hat einen Durchmesser von ca. 30 Zentimeter. Es wurde etwa im Zeitraum des 3. bis 2. Jahrtausends vor Christus in einem Höhlengrab geschaffen, welches des Sarden als “Feenhaus” oder “Schoss der Mutter Erde” bekannt ist (Abbildung 2).
Abbildung 2: Urlabyrinth in einer Felsritzung bei Luzzanas, Sardinien
Zwei Lebenslinien, die sich in der Mitte kreuzen, bilden seine Struktur. Die um dieses Kreuz geschlagenen Bögen ergeben die Konturen eines zusammenhängenden Weges. Die Bewegung weist von hier wieder nach aussen, es gibt keine Wegkreuzung, und die rechte und die linke Hälfte sind nicht symmetrisch, so wie alles Lebendige in der Natur nicht symmetrisch ist.
Im 2. Jahrtausend vor Christus bezeugen unzählige Felsritzungen und Felszeichnungen die Bedeutung des Labyrinthes. Ein wichtiges Beispiel hierfür ist die Felsritzung im Val Camonica in der Provinz Brescia (Abbildung 3). Sie hat einen Durchmesser von 42 x 37 cm und zeigt den Weg auf, der durchs Labyrinth führt. Dieser Weg ist nirgends unterbrochen. Der Fundort wird als prähistorische Steinbibliothek gedeutet, welche die damaligen Menschen vermutlich zusammenhängend “lesen” konnten. Die Zeichensammlung besteht aus insgesamt 30’000 Bildern. Dazu gehören mehrere Labyrinthe als Struktur- oder Wegbilder, so auch ein Labyrinth mit einem Vogel und einer menschlichen Figur mit erhobenen Armen. Bei einem anderen Labyrinth ist eine Herde mit verschiedenen Tieren und Tänzern dargestellt. In der Vielfalt der umgebenden Zeichen ist zu erkennen, dass in das Labyrinth eine Vielzahl von Symbolen und Bedeutungen integriert sind.
Abbildung 3: Felsritzung im Val Camonica
Lange Zeit wurde das kretische Labyrinth mit seinen sieben Umgängen als Urform des Labyrinths bezeichnet. Man ging davon aus, dass auf Kreta etwas 3’000 Jahre vor unserer Zeitrechnung ein Labyrinth stand. Die ältesten Darstellungen des kretischen Labyrinths finden sich auf Münzen, welche zwischen 300 und 70 Jahren vor unserer Zeitrechnung geprägt wurden, also lange nach dem Verschwinden der kretischen Hochkultur im Zeitraum von 2500 bis 1500 vor Christus (Abbildung 4). Die Münzen waren im ganzen Mittelmeerraum in Umlauf.
Abbildung 4: Kretische Münze
Bekannt geworden ist das kretische Labyrinth vor allem im Zusammenhang mit dem Heldenmythos des Theseus und dessen Kampf mit dem stierähnlichen Minotaurus im Labyrinthgefängnis. Die Königstochter Ariadne gibt Theseus den rettenden Faden und ermöglicht damit ihrem Geliebten nach dem Kampf mit dem Ungeheuer den Weg zum Ausgang des Labyrinths herauszufinden. Die überlieferten Mythen wurden erstmals unter römischer Herrschaft niedergeschrieben. Der Theseus-Mythos diente den Römern als Legitimation für gesellschaftliche Veränderungen und für die Herrschaftsansprüche im Mittelmeerraum. Das Labyrinth als Kampfplatz und als Gefängnis steht für eine hierarchische Gesellschaft und hat ausser der Form nichts mehr mit dem vorrömischen Lebenssymbol gemeinsam.
Die Römer übernahmen die Labyrinthform von den Griechen. Fasziniert von seiner magischen Vorstellung gaben sie ihm eine neue Bedeutung. Sie stellten den Kampf, ein Zeichen für den Sieg der Zivilisation über die Urkräfte, in den Mittelpunkt.
Das römische Mosaiklabyrinth von Avenches (Aventicum) zeigt ein einfaches, rundes Mosaikmuster in der Grösse von 72 x 70 cm, das in vier Sektoren unterteilt ist (Abbildung 5). Das Labyrinth ist von einer Stadtmauer umgeben, im Zentrum steht eine vereinfachte Darstellung des Kampfes zwischen Theseus und dem Minotaurus, symbolisiert durch eine Keule und ein Stierhorn. Die Mauern rundherum erinnern an die römischen Stadtgründungen mit den Totenehrungen und dem Trojaspiel der Reiter. Den Römern war das Labyrinth ein magisches Zeichen für einen geordneten und geschützten Innenbereich. Sie kreierten im Laufe der Zeit verschiedene Labyrinthformen, denen sie Namen von Städten gaben.
Abbildung 5: Römisches Mosaiklabyrinth aus Aventicum
Bereits seit der Spätantike gibt es auch christliche Labyrinthe. Das älteste bisher bekannte Labyrinth befand sich in einer römischen Basilika im algerischen El Asnam und wurde im Jahre 324 gebaut. Viele Kathedralen von Saragossa bis zum Ural besassen ein Bodenlabyrinth. Die meisten von ihnen wurden jedoch während der Gegenreformation herausgerissen und damit zerstört.
Das berühmteste Kirchenlabyrinth steht in Chartres (Abbildung 6). Dieses Bodenlabyrinth hat einen Durchmesser von 12.5 m und nimmt die ganze Breite des Mittelschiffs ein. Es hat 11 Umgänge und eine Weglänge von 294 m. Es wurde um 1210 erbaut und zeigt in der Mitte eine Blume. Früher war hier vermutlich eine Theseusdarstellung zu sehen. Im Mittelalter wird das Labyrinth mit christlichen Inhalten belegt. Das Lebenskreuz wird auf das ganze Labyrinth übertragen, es wird konzentrisch. Die christliche Darstellung lehnt sich an den griechischen Mythos an. Hier wie dort bringt das blutige Opfer die Erlösung. Im Zentrum des Labyrinths steht Christus, der Erlöser. Der Weg führt zu ihm hin. Der Gang durchs Labyrinth wird als Läuterung gesehen und als Pilgerweg verstanden. Er steht für alle Wege menschlichen Suchens.
Abbildung 6: Labyrinth in der Kathedrale von Chartres.
Der Umgang führt – als letzter Teil des Pilgerweges – in elf konzentrischen Kreisen zum Zentrum, dem verheissenen Jerusalem.
In der Neuzeit entstehen in Europa neben den kirchlichen auch weltliche Labyrinthe. Eines davon ist das Eilenrieder Labyrinth, versteckt in einem Wald neben Hannover (Abbildung 7). In der Mitte dieses Labyrinths, welches in Form eines sogenannten baltischen Rasenlabyrinthes gebaut ist, steht ein Baum. Es führen zwei Eingänge hinein: Der eine Weg führt zur Mitte, während der andere den labyrinthischen Windungen entlanggeht. Im Volksmund heisst dieses Gebilde Radlabyrinth, so wird es auch in der Stadtchronik von 1632 genannt. Niemand weiss, wann und wozu das Eilenrieder Labyrinth angelegt wurde. Die Faszination eines Radlabyrinthes liegt im Prinzip der beiden Erfahrungen Nähe und Distanz. Die Wahl zwischen dem kurzen Weg und dem langen Umweg gibt den Blick frei auf ein Denkmuster, das heute wieder sehr aktuell ist. Dementsprechend häufig wird diese Form für neuerbaute Labyrinthe gewählt.
Abbildung 7: Das Radlabyrinth im Eilenrieder Forst (Hannover)
Der Kaufbeurer Wunderkreis (Abbildung 8) ist dem Radlabyrinth im Eilenrieder Forst in seiner Darstellungsform sehr ähnlich. Auch er bietet zwei Möglichkeiten, um in die Mitte zu gelangen. In dieser Wahl der Begehbarkeit sind spezielle, wundersame Begegnungen möglich. Sie haben vielleicht auch dem Wunderkreis zu seinem Namen verholfen.
Abbildung 8: Ehemaliger Wunderkreis im Kaufbeurer Tänzelhölzle
Eine weitere weltliche Form des Labyrinths ist der Irrgarten. Die Renaissance entdeckte und belebte die Werte und Formen der Antike neu. In diesem Zusammenhang kam auch das antike Labyrinth wieder in Gebrauch und erfuhr eine Neuinterpretation. Basierend auf dem Irrweg des Theseus wurde das Labyrinth zum Suchspiel. Die Verirrung wird als Spass inszeniert, die symbolische Bedeutung ist nicht mehr wichtig.
In den Schlossparks der Fürsten entstehen Irrgärten mit kunstvollen Blumenbeeten. In der Barockzeit werden hohe Hecken gebaut, das Finden der Mitte wird zum Rätselspiel. Der geschützte Raum des Irrgartens wird zum Liebesgarten, zum Liebesreigen von Suchen und Finden. Das berühmteste Heckenlabyrinth befindet sich im Garten des Hampton Court Palace in London, wo es 1690 errichtet wurde (Abbildung 9). Es wird noch heute jährlich von ungefähr einer Million Menschen besucht.
Abbildung 9: Irrgarten im Hampton Court Park (London)
Ein Irrgarten unterscheidet sich nur auf den ersten Blick nicht wesentlich von einem Labyrinth. Denn statt eines einzigen, direkten Weges zur Mitte hat ein Irrgarten eine Vielzahl von Weggabelungen und Sackgassen. Vielen Menschen ist ausnahmslos die Form des Irrgartens im Bewusstsein, die sie mit einem Labyrinth gleichsetzen.
Die Idee des Irrgartens wurde in den siebziger und achtziger Jahren des zwanzigsten Jahrhunderts weiterentwickelt und nicht zuletzt mit Hilfe der Computertechnik zu immer grösserer Raffinesse ausgebaut. Vor allem in Japan und Amerika konstruierte man computergesteuerte Vergnügungsanlagen mit hohen Trennwänden, die immer wieder die Stellung wechseln. Es gibt keine Mitte mehr, die Orientierungslosigkeit gerät zum Nervenkitzel. Ziel der Erbauer ist das Verirren. Diese Vergnügungsparks haben mit der Uridee des Labyrinths nichts mehr gemeinsam. Sie sind das Gegenteil des Lebenssymbols. Statt Zuversicht, Erkenntnis und Vertrauen bewirken die Verirrspiele Einschüchterung und Beklemmnis und üben damit strukturelle Gewalt aus (Abbildung 10).
Abbildung 10: Irrgarten von Noda City bei Tokio (Japan)
In Japan wurden mehr als 100 solcher Vergnügungsanlagen gebaut. Die meisten stehen direkt neben einem Supermarkt. Die Eltern können in Ruhe einkaufen, Währenddessen die Kinder durch computergesteuerte Verwirrspiele unterhalten werden. Die Japaner glauben, dass der Erfolg dieser Vergnügungsparks darauf beruht, dass der japanische Sportsgeist angespornt wird. Die Amerikaner hingegen schätzen an dieser Art der Unterhaltung den hohen Grad der Ablenkung.
Viele Kulturen, welche im Laufe der Geschichte das Labyrinth für sich gedeutet und gebraucht haben, sind untergegangen. Das Labyrinth ist geblieben. Wenn wir uns heute erneut für das Labyrinth interessieren, suchen auch wir eine zeitgemässe Interpretation des Lebenssymbols. Auf die Frage, wie das geschehen soll, gibt uns das “gebrauchte” Labyrinth die Antwort.
Die Neubelebung des Labyrinths als Lebenssymbol – Ein persönlicher Erfahrungsbericht
Zu Anfang der achtziger Jahre begegnete ich dem Labyrinth als Ursymbol in der Matriarchatsforschung. Das Zeichen faszinierte mich von Anfang an. Gleichzeitig lernte die Schweizer Künstlerin Agnes Barmettler das Labyrinth bei den Hopi-Indianern kennen. Die Hopi-Indianer nennen das Labyrinth Tapuat, was so viel heisst wie: die Wiege, der Schöpfungsplan, der heilige Ort des Ursprungs und des Ziels. Das Labyrinth wird in unmittelbarem Zusammenhang zu Geburt, Initiation, Tod und Wiedergeburt gesehen und entsprechend als Symbol in Ritualen verwendet (Abbildung 11).
Abbildung 11: Labyrinth der Hopi-Indianer
Verschiedene Aufenthalte bei den Hopi-Indianern und bei anderen nordamerikanischen Indianern zeigten Agnes Barmettler die vielfache Bedeutung des Labyrinths. Es ist in deren Kulturen das Zeichen für die Mutter Erde und wichtiger Bestandteil ihrer Zeremonien. Die indianischen Labyrinthe haben sieben Umgänge, entsprechen also der Urform des Labyrinthes. Genau so wie die Form ist auch die ursprüngliche, vorantike Bedeutung des Labyrinthes erhalten geblieben.
Diese labyrinthische Urform findet sich überall auf der Welt, durch alle Kulturen und über alle Zeiten hinweg. Diese Tatsache liess uns nicht mehr los. Hinzu kam die faszinierende Eigenheit des Labyrinthes, die elementaren Gesetzmässigkeiten des Daseins ohne Worte darstellen zu können. Ein Labyrinth ist gleichzeitig einfach und höchst komplex. Das Urlabyrinth kann in allen Sprachen verstanden und neu interpretiert werden. Wir begannen fortan gemeinsam, in Ausstellungen das Thema Labyrinth künstlerisch umzusetzen. Im Laufe dieser Auseinandersetzung wurde uns bewusst, dass wir nicht allein im Rahmen der Kunst oder der Frauenforschung mit dem Labyrinth arbeiten wollen. Das Labyrinth gehört allen. Doch wie sollte das geschehen? Wie können wir Menschen erfahren, dass das uralte Labyrinth auch heute eine Orientierungshilfe sein kann?
Wir wollten einen öffentlichen Raum schaffen, in dem alle Menschen willkommen sind. Wir stellten uns das Labyrinth vor als Begegnungsort, als Forum für politische Auseinandersetzungen, für künstlerische Anlässe, für einen interkulturellen Austausch, als Ort der Erholung, als Aussenwohnraum für die Bevölkerung. Wir hatten die Vision, dass eines Tages in kleinen und grossen Ortschaften so selbstverständlich wie Fussballplätze, Museen, Schwimmbäder, Bibliotheken und andere öffentliche Einrichtungen auch Labyrinthe zur Verfügung stehen. Labyrinthe, die für alle Schichten der Bevölkerung im öffentlichen Raum eine Möglichkeit der Begegnung schaffen.
Allmählich haben wir weitere Frauen für unsere Idee gewonnen und konnten im Jahre 1991 mitten in Zürich den ersten öffentlichen Labyrinthplatz eröffnen. Der Kanton Zürich hatte uns erlaubt, fünf Gehminuten vom Hauptbahnhof entfernt, in einem ehemaligen Kasernenareal einen Labyrinthgarten anzulegen. Er hat einen Durchmesser von 30 Metern. Vier Umgänge führen durch die Pflanzen zu einem Steinlabyrinth mit sieben Umgängen (Abbildung 12 bis 14). Das ergibt eine Weglänge von ca. 600 Metern. Die Bevölkerung wurde eingeladen, sich an der Pflege zu beteiligen. In vielen Arbeitsstunden gestalteten Freiwillige aus mitgebrachten Samen und Pflanzen ein multikulturelles Gemeinschaftskunstwerk. Sie ermöglichen noch heute mit ihrem Einsatz einen öffentlichen Begegnungsort und erschaffen jedes Jahr neu einen Erholungsraum von blühender Schönheit.
Abbildung 12: Schema des neuen Zürcher Labyrinths im Zeughaushof: Garten mit vier Umgängen um ein kleines Steinlabyrinth in künstlerischer Ausgestaltung
Abbildung 13: Der Labyrinthgarten im Zürcher Zeughaushof vor der Umgestaltung
Abbildung 14: Das Zürcher Labyrinth im Zeughaushof wird umgestaltet. Ins Zentrum des Gartens legen Helfer ein Steinlabyrinth mit dem Zeichen der Frau.
Wie oben angedeutet, findet sich in der Mitte des Gartens ein Platz mit einem Steinlabyrinth. Es beruht auf der Jahrtausende alten Form mit sieben Umgängen. Die Labyrinthachsen weisen ein besonderes Gestaltungsmoment auf: eine Frau mit ausgebreiteten Armen. Die beiden Lebenslinien des Labyrinths kreuzen sich auf der Höhe des Herzens. Die Vertikale zwischen Kopf und Fuss erinnert an Geist und Materie, an Himmel und Erde. Die Horizontale erinnert an ein weitumfassendes Handeln, ein gleichgewichtiges Umarmen. Die Figur prägt das Labyrinth mit ihrem “menschlichen” Grundmass. An ihr orientiert sich der Weg, der immer wieder an die Frau heranführt, ohne sie jemals zu übergehen.
Diese Frau prägt das Logo, welches Agnes Barmettler für das Labyrinth Project International kreiert hat (siehe "Logo"). Sie bildet das Lebenskreuz des Labyrinthes und steht dafür, dass jeder Mensch als kleines Geschöpf geboren wird, als Mädchen oder Knabe einer Mutter. Unverwechselbar, einmalig und nackt sind wir auf mütterliche Hilfe angewiesen.
Mit der Grunderfahrung der geschenkten Zuwendung beginnt jede persönliche Lebensgeschichte. Die mütterliche Ordnung ist das Phänomen unseres Menschseins.
Quelle:
Der Wunderkreis. Die Wiederbelebung eines kulturgeschichtlichen Phänomens in der Stadt Kaufbeuren
Herausgegeben im Selbstverlag der Stadt Kaufbeuren, 2003